Von Lehrlingen und anderen Katastrophen...
Der Himmel spannte sich sonnenklar über die Ebene und die Schritte der Elbe hatten längst von ihrer Anmut verloren. Es war heiß, beinahe sengend heiß im hinteren Bereich der Tempelplätze. Leylin ließ die lange Klinge der Schwertgleve durch die Luft sausen und parierte einen imaginären Schlag. Die rote Robe hatte sie gegen schwarze Beinkleider und eine rote Tunika getauscht, die mittlerweile schweißnass an ihrem Körper klebten. Dennoch schien sie nicht dazu geneigt, aufzuhören. Mit verbissenen Bewegungen trotzte sie der Hitze und ging ihren Übungen nach.
#2
Minea hatte sich unter dem Baum in den Schatten gestellt, um Leylin besser beobachte zu können. Sie beobachtete, wie der Lehrling bei seinen Übungen bis an seine Grenzen ging und fragte sich insgeheim, wann sie das letzte Mal so geschwitzt hatte. Vermutlich nie, nahm Minea an. Und ehrlich gesagt, hatte sie auch keine Lust dazu. Diesen Teil dieser Ausbildung blendete sie zu gerne einfach aus. Vermutlich würde sie nie eine auch nur halbwegs vernünftige Kampfmagierin werden.
Leylin schien die hinzugekommene Beobachterin nicht zu bemerken. Jedenfalls nicht sofort. Die Elbe hatte tatsächlich dazu gelernt, wenn man es so betrachtete. Dennoch gab es Lücken in ihrer Deckung, immer dann, wenn sie eine Drehung ausführte. Und ein erprobter Gegner hätte diese sicherlich sofort genutzt. Irgendwann schien es auch Leylin genug zu sein, denn sie ließ schwer atmend die Gleve zu Boden sinken und wischte sich über die Stirn.
#4
Mit einem Ausdruck von Überraschung in den Augen drehte sich der Kopf in Richtung der Stimme. Als sie Minea sah, hoben sich ihre Mundwinkel und sie nickte beiläufig. "Wasser klingt gut", sagte sie in dem Versuch, möglichst beiläufig zu klingen und nicht zu zeigen, wie erschöpft sie wirklich war.
#6
Kurz huschte ein wachsamer Ausdruck über ihre Züge. Dann erhellte sich ihr Gesicht und sie nickte. "Danke..."
Kurz schwieg sie und schien nicht zu wissen, was sie sagten sollte. "Ich wusste gar nicht, dass du hier bist."
Sie griff nach dem Wasserschlauch und entkorkte ihn. Dann trank sie mehrere Schlucke.
#8
"Ich freue mich, dich hier zu sehen." Sie nickte und lächelte. Tatsächlich stellte sie fest, dass diese Aussage der Wahrheit entsprach. Am Anfang hatte sie es durchaus genossen, mehr für sich zu sein, aber die Gespräche immer nur mit denselben Leuten zu führen, wurde auf Dauer etwas müßig.
Sie lachte verlegen. Ihr Blick wanderte zu der Schwertgleve. "Besser als mit diesem Ding hier..." Dann zuckte sie die Schultern. "Ich denke, ich stelle mich nicht mehr so dumm an, wie am Anfang. Aber wie gut ich wirklich bin, müsstest du wenn Mutter fragen. Ich finde ich habe sehr gute Fortschritte gemacht, auch wenn ich nie zufrieden bin mit dem, was ich erreiche. Es geht mir einfach zu langsam...."
Sie verdrehte die Augen.
"Wie geht es dir?"
#10
"Wenn ich deine Mutter frage, ist es so wie wenn du meinen... Vater fragen würdest..."
Sie hatte bei dem Wort Vater doch etwas zögern müssen. Es fühlte sich so unglaublich fremd an.
"Denkst du etwa, du würdest etwas Nettes zu hören bekommen?"
Dann zuckte Minea mit den Schultern.
"Auch zu langsam... viel zu langsam... Und ich bin auch nicht zufrieden... Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich das Ziel nie erreichen werde. Teilweise habe ich das Gefühl, dass ich nicht mal mehr weiß, was das Ziel ist und ob es tatsächlich eines gibt..."
Sie schien wirklich gefrustet zu sein.
Leylin lächelte schief und schüttelte den Kopf.
"Ich erwarte kein Lob. Wenn es dann doch unerwartet kommt, freue ich mich..."
Sie neigte den Kopf ein wenig zur Seite und musterte Minea lächelnd.
"Aber ich weiß, was du meinst. Wir haben so viele Dinge zu lernen, dass man den Überblick verliert und das Gefühl hat, nichts richtig zu können..."
Sie seufzte und verdrehte die Augen. "Ich weiß nicht, ob das irgendwann besser wird. Je mehr ich lerne, desto mehr Fragen habe ich.Und ich glaube auch nicht, dass es zum Beispiel Hakon besser ergeht."
Ihr Lächeln verblasste etwas.
#12
Leylin grinste.
"Ich bin mir sicher, dass Harkon nicht immer zufrieden mit seiner Arbeit ist." Ihr Grinsen verblasste und sie warf Minea einen Blick zu.
"Zumindest kann ich es mir nicht vorstellen...das hieße ja, die vollwertigen Magier seien alle perfekt..."
Sie verzog das Gesicht. Allein die Vorstellung war eine Katastrophe.
Ihren Lippen entwicht ein Seufzen.
"Ich versuche alles als Lob anzusehen, was nicht in einer Rüge endet...dann geht es ganz gut."
Sie nickt leicht.
#14
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