HAUS NIRAKIS

Wenn sie noch einmal hörte ?Was willst du denn damit?? würde sie dem nächsten irgendwas entgegen werfen. Am besten Erde, ganz viel Erde oder Steine, nur dass sie davon keine dabei hatte und die Pflänzchen schon die Überfahrt nicht unbedingt gut überstanden hatten. Was sie mit Körben mit Setzlinge wollte? Essen! Oder sie dem nächsten der blöd fragte in die Innereien einsetzen. Einige der Besatzungsmitglieder des Schiffes hatten dieses Mal eindeutig irgendwo zu tief die Nase drinnen gehabt. Davon war Serana spätestens dann überzeugt, als sie einige der Tomatensetzlinge gesucht hatte und sie an Deck fand, wo sie aber angeblich niemand hin entführt hatte, da niemand auf die Idee gekommen wäre Wetten abzuschließen, wer sich traue nachts auf hoher See nackt um einen Baum zu tanzen, denn das sei ja nachweislich auf hoher See gar nicht möglich. Manchmal?war die Welt irre. Moment und dann fuhr sie freiwillig zur Roten Insel? Naja, freiwillig war relativ. Hakon nach Treuenfels zu bringen war wie?wie eine Made in eine Suppenschüssel angefüllt mit Speck zu setzen. Er würde nur anfangen die Wälder zu durchkämmen und Fion das Geschäft ruinieren. Von daher war die Rote Insel sicherlich das passende Irrenhaus?..

Apropos irren...der Unterschied vom belebten Hafen in Treuenfels zu Aschenbach war immens und in Anbetracht der Karte aus der Munkelgasse war der Tempel viel zu weit entfernt um die Sachen bis dorthin zu tragen. Also blieb nach dem Ausladen nur eines übrig. Warten, das Hakon sich daran erinnerte, dass sie ihm Ort und Zeit genannt hatte, wann sie in etwa da sein würde und hoffen, dass es nicht regnete. Sie bot vermutlich ein herzlich ungewohntes Bild mit ihren zwei Kniehohen Kisten und den offenen Körben mit Grünzeug darinnen. Vielleicht hätte sie zumindest die Schaufel und den Rechen nicht mitbringen sollen, aber es war ein Roter Tempel sie konnte beim besten Willen nicht wissen, was Waargas an Utensilien dort zur Verfügung hatte außer Messern, Schwertern, Steinen, Magiern, ?.etc.

Rot? Serana sah die Fragenden kurz irritiert an. Die Setzlinge waren grün. Selbst wenn sie Blüten gehabt hätten, wären diese gelb und nicht rot und Früchte trugen diese armen kleinen Dinger noch lange nicht. Aber gut, durch Hakon hatte Serana gelernt, dass Rote gerne alles als Rot deklarierten.

?So ähnlich?die Pflanze ist grün und die Frucht, die daraus erwächst wird rot, wenn sie reif ist?? Nicht aufstehen, schön die Kisten im Auge behalten und die Körbe. Wenn sie aufstand, hatte sie eine Kiste weniger unter Kontrolle und wer wusste, wie schnell Dinge hier Beine bekamen. Also nicht, dass sie den Leuten Diebstahl unterstellte, nein, es war vielmehr, dass viele helfende neugierige Hände gerne mal in die unterschiedlichsten Richtungen verschwanden und man dann suchen musste. Die Treuenfelser Kinder waren da sehr lehrreich für Serana gewesen. Deswegen hielt sie sich mit Erklärungen auch zurück, war sie doch erst nach dem Fest direkt in die Falle der kleinen Satasbraten geraten. ?Was ist ein Rammbock?? hatten sie gefragt und sie war so närrisch gewesen es zu erklären. Natürlich hatte es nicht lange gedauert bis die erste Mutter entrüstet in der Priorei gestanden hatte um sich darüber zu beschweren, dass die Kinder mit Planken herumrannten und gegen Türen und Wände polterten. Das Problem war eher das erste Kind, was weinend bei einer der Novizinnen gelandet war. Die anderen Kinder hatten versucht es an die Planke zu fesseln, weil ein Rammbock natürlich einen Bock brauchte?und als Bock deklarierten sie den ?dümmsten? ?.das Argument, dass sie immerhin ihn komplett drangebunden hatten und nicht nur seinen Kopf, zählte leider nicht.

Ergeben versuchte sie Fragen zu beantworten und dabei die Sachen trotzdem nicht aus den Augen zu verlieren. ?Danke, ich werde abgeholt?..das ist nicht für den Krämer?also nicht in diesem Zustand?? ?Hat vielleicht jemand Hak? nein, die Harke ist nicht für den Dung?ja?nein?vielleicht?was? Hakon?? Geduld ist eine Tugend?eine die man im Silbernen Lager sicherlich lernen könnte?könnte UND NICHT HAT!...?der Neue im Tempel?so groß, so breit?hat bestimmt Süßigkeiten in den Taschen für das Kind, welches ihn als erstes einfängt!?

Irritiert betrachtete Serana die Kinder. Was war das? Irgendwie waren diese anders?es fehlte etwas.. die Faszination. Für sie waren die Magier völlig normal. Alltag. Es war wie einem Wüstenbewohner Sand schmackhaft zu machen. Wo anderenorts die Leute neugierig um einen Magier herumschlichen und eine Ausrede suchten ihn anzusprechen ? oder zu verbrennen je nach Weltanschauung ? gehörte es hier wohl zum Stadtbild.

Resigniert nickte Serana ?Gut??, hatte sie überhaupt irgendetwas dabei? Ja, doch das Gläschen mit dem braunen Honig. Komisches Zeug. Viel zu süß.
Warum nur erwartete sie nun, dass die Leute das mit dem ?jemanden aus dem Tempel finden? großzügig auslegen würden? Wer würde nun grinsen und sagen ?Im Tempel findest du jemanden aus dem Tempel?. Es würde sie kaum wundern.

Augenscheinlich musste sie erst Beweise liefern, bevor die Kinder ihr glaubten. Schade, das machte sie nicht unbedingt sympathischer und gastlicher schon gar nicht. Aber wer weiß, was sie gewohnt waren.
Genötigt von den auffordernden Blicken angelte sie in ihrer Umhängetasche und zog das Gläschen heraus. ?Honig von ..?, wie hießen die Viechher noch? Braunbienen? ?..ahm?ja?Honig? den habe ich auf dem Fest der Drachen erworben.?
?Also??, es sah für sie nicht wirklich so aus, als würde irgendjemand sich der Angelegenheit annehmen. ?Wäre jemand bitte so freundlich und würde mir verraten, ob Hakon oder jemand anderes vom Tempel hier ist?? Es sollte ja niemand behaupten, sie wäre unhöflich und hätte nicht Bitte gesagt oder für die potentielle Dienstleistung bezahlt. Ach verdammt, sie reiste ungern mit so viel Gerümpel, dass sie es nicht selbst direkt transportieren konnte. Das schaffte immer Abhängigkeiten, die sie nicht haben wollte.

Aha, so funktionierte das also. Anfüttern war die Devise. ?Ja, bitte.? Sie reichte dem Kleinen das Honigglas. Mal schauen, ob man dem Zwerg vertrauen konnte. Wenn nicht? War das Lehrgeld und sie würde sich die Kröte merken, welchem sie dann beim potentiell nächsten Besuch sicherlich gerne ein paar von den ?Wir-erziehen-Lucius?-Keksen mitbrachte.

Oh, oh. Auf einmal konnte Serana eilig aufstehen und kam dem fluchenden Vater entgegen ohne weiter auf ihr Gepäck zu achten ? sie würde später denjenigen die Pocken schicken, die sich dran vergriffen -.
?Oh?was für einen wohlerzogenen jungen Mann Sie da großgezogen haben..?, flötete sie und versuchte dabei nicht schelmisch zu grinsen. ?Dass er sogar die Schelte seines Vaters auf sich nimmt um einem Gast in Not zu helfen. Vielen Dank..wie heißt mein Retter denn eigentlich?? Wenn der Junge es zuließ, würde sie ihm auch die Schulter tätscheln und den Vater anstrahlen, als hätte er ihr gerade Blumen gebracht. Überrumpeln, ablenken?vielleicht vergaß der Vater dann, dass er sauer war? Alternativ konnten sie sich immer noch zu zweit hinter Hakon verstecken.
Nur um sich dann Hakon zuzuwenden. ?Ah, mein Retter hat sich also benachrichtigen können.?

Was hieß denn hier ? Das du auch immer?? Sie schnalzte amüsiert mit der Zunge ehe sie Hakon begrüßte.
?Ich habe nichts getan! Wirklich nicht!?, beteuerte sie, während sie Hakon gen ihren Sachen abschleppte in dem sie sich bei ihm einhakte und zurück marschierte. ?Also, Herr Brandstatt?, was konnte sie denn dafür, dass Niamh bei der Zeremonie so genuschelt hatte. ?Bist du der Meute schon überdrüssig? Das mit dem ?über den Tod hinaus? lässt sich regeln?versprochen??, ernsthaft? Nein, sie teste und piesackte ihn gerne. ?Wenn nicht, habe ich eine ganze Reihe Sachen dabei?falls es überhaupt nötig ist..ich weiß ja nicht, wie das bei euch im Tempel ausschaut. Ob es dort überhaupt Grünflächen gibt und wie tief potentielles Erdreich überhaupt geht oder ob ich eher in Richtung Trockenpflanzen etwas besorgt hätte?abgesehen davon, dass es mir nicht klar ist, ob er überhaupt regelmäßig im Tempel ist um zu gießen und ob es einer Sicherung gegen Feuer oder Nirakis bedarf.:?
Sie plapperte einfach vor sich hin, sprang von diesem Gedanken zum nächsten und kullerte darüber zum vierzehnten vor dem achten.
?Brauche ich eine spezielle Genehmigung um da überhaupt hin zu dürfen? Oder bleibe ich hier und du sagst Waargas Bescheid? Falls er überhaupt Interesse hat. Und wie schaut es mit dir aus? Hast du ?frei? bekommen für Thule? Oder stelle ich bei Niamh einen Antrag auf Überlassung??

?Brandschlag..ja, gut, hört sich besser an als Brandstatt?ganz schön gewalttätig.. gibt es eigentlich auch Nirakis-Magier, die ?.?, sie hielt in ihrem Redeschwall an, schüttelte den Kopf und gab sich selbst gegenüber zu, dass es albern war. Kein Nirakismagier würde stickend in der Ecke sitzen und Feuerschleife oder Flammentanz oder so etwas heißen. Oder Windspiel..ja, das wäre doch mal etwas schönes, friedliches. Löschfeder?.mal etwas, was nicht mit Anzünden, Abbrennen und Brandroden zu tun hatte.
Als er nach ihrem Gepäck fragte, wollte sie schon mit dem nächsten Redeschwall ansetzen, ehe er sie in den Arm nahm. Eh, so konnte sie doch gar nicht gestikulieren. Der Mann machte sie fertig. Er war wie eine Droge und verursachte, dass sie alles ausplapperte was sie dachte oder auch nicht dachte.
Grünflächen?sehr gut, Gewächshäuser gut.. mit Brychan abstimmen?musste das sein? ?Ich habe noch nie mehr Worte mit Brychan gewechselt außer ?Aua? und ?Heiler? .. und das in keiner bestimmten Reihenfolge. Und Niamh wird wohl besseres zu tun haben?weiß sie überhaupt von den Gewächshäusern? Ich ?meine, das hört sich eher nach einem Gebiet an, welches sie meidet und das besser in einigem Abstand zu ihr gebaut ist..ein Garten ja, aber ein Gewächshaus? Das geht viel zu schnell kaputt. Da fällt mal der Hammer um..klirr? da setzt sich Regnag ..schepper? oder eine der Lehrlinge rennt weinend davon..bumm?Scheibe im Weg?Lehrling platt, Scheibe kaputt??
Das Geplappere ging weiter bis Hakon die Regeln erklärte. Schlagartig blieb Serana stehen und verengte die Augen. ???.Anwesenheitspflicht bei den Gebeten?.?, murmelte sie langsam, als müsse sie die Worte erst abschmecken. ??gut??, ehe sie auf ihr Gepäck deutete. ?Dann nimm nur die Kiste dort mit. Da sind Bücher drinnen. Waargas kann sich damit ein breites Grundwissen aneignen. Näheres erläutere ich ihm gerne in Treuenfels.? Nur um sich auf die Zehenspitzen zu stellen, Hakon einen Kuss auf die Wange zu hauchen und die Flucht anzutreten. ?Wir sehen uns daheim.?