Danas Lieblingsplatz
Unter einem Baum vor dem Langhaus sass Dana auf einer Bank. Dort sass sie am liebsten bei schönem Wetter, schrieb Briefe, übte Lieder, oder schrieb an ihrem Tagebuch.
Sehr oft, sass sie dort aber und führte Gespräche mit Herr Berkenbrecht, Kiliana oder Finn. Gerade jetzt wo sie nicht kämpfen durfte fand man sie vermehrt an diesem Ort. In wenigen Tagen würde sie alleine nach Tiwa aufbrechen um die kritische Lage in Andurin selbst zu beurteilen und zu entscheiden was mit ihrem Lehen passieren sollte.
Dana und die anderen hatte einige Tage nicht draußen sitzen können. Es hatte in Strömen geregnet und am heutigen Morgen hatte endlich wieder die Sonne den Kampf gegen die Wolken gewonnen, die sich jetzt wie kleine Schäfchen über den Himmel verteilten. Die Luft war lau und dem Grün hatte der Regen sichtlich gut getan.
Es war später Vormittag als die Knappin beschloss die Sonne auf ihrer Lieblingsbank zu genießen, denn es war heute so klar, dass man einen weiten Blick über den Fjord hatte.
Kiliana saß bereits dort, einige Briefbögen und eine Feder auf den Knien. Sie hatte die Augen geschlossen und genoss offensichtlich die Sonne. Die Rittergesellin hatte das heutige Frühstück verpasst und sah ein wenig übernächtigt aus. Sonderbarerweise war sie trotz des schlechtes Wetters der letzten Tage braun geworden.
Als sie Danas Schritte hörte, öffnete sie die Augen und lächelte der jungen Frau entgegen. "Guten Morgen Dana. Ist schon geklärt, wann du aufbrechen wirst?"
Die Rittergesellin nickte "Versuch nur gesund zurückzukommen. Ich weiß, dass du dieser Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen nachkommen wirst und das du weißt, was du tust. Wenn du darüber sprechen möchtest, wie es dir dabei geht, höre ich dir gerne zu - grade Pflichten neigen ja gern dazu, dass man sie ungern tun." Bei diesen Worten warf sie einen kurzen Blick auf die Briefbögen.
Dana lässt Kilianas Worten Zeit zu wirken, ehe sie die Rittergesellin ansieht .
"Ja, ich würde lieber hier bleiben, aber die Ereignisse in Andurin lassen nicht zu, dass ich hier ruhig sitzen kann. Ich werde mir vor Ort ein Bild verschaffen und dann ein paar Entscheidungen treffen, danach komm ich sofort wieder zurück um meine Ausbildung zu beenden. Je länger ich weg bin, desto länger wird meine Ausbildung dauern.
Aber warum hab ich nur das Gefühl, dass du gerade von dir und deinen Pflichten sprichst?"
Die Rittergesellin zog die Augenbraue hoch. "Hast du es wirklich so eilig? Gerade die letzten - naja, sagen wir die letzten Ereignisse haben mir klar vor Augen geführt, was ich noch von Herr Berkenbrecht lernen will."
Kiliana schien sich einen Ruck zu geben. "Ich bin zurück aus der ersten Drachenwelt. Vier Tage lang haben uns die Drachen dorthin gesendet. Und jetzt muss ich zwei Briefe schreiben - einen an Tal'Risha und besonders dringend einen an meine Cousine Dramina. Und das ist nicht ganz einfach, weil ich noch nicht weiß, wie ich das Geschehene bewerten soll."
Kiliana sammelte sich einen Moment. "Diesmal sind wir auf einem Hügel aufgetaucht, den ich noch nie gesehen habe. Neben mir war Gregor Schattenbanner und wir standen auf der linken Flanke eines großen Heeres voller Reisender. Wir hatten nur einen Moment, dann ist auf dem Hügel gegenüber eine Armee der Lorkaner aufgetaucht. Zwischen uns und dem Gegner standen die jenigen die aus Weltenwacht geflohen waren: die Aryan, die Stadtwache, die Tarkun und das Schild der Schöpfung.
Dann hab ich meinen Namen gehört. Hinter mir stand meine Cousine - ich hab sie das letzte mal gesehen da waren wir noch Kinder.
Ich hab mich ehrlich gefragt was das soll. Aber da war keine Zeit. Ich hab ihr meinen Dolch in die Hand gedrückt, gesagt sie solle hinten bleiben und rennen, falls ich falle. Ihren Blick werde ich niemals vergessen." Kiliana seufzte. "Die folgende Schlacht mit den Lorkanern war zwar hart, aber zum Glück waren die Lorkaner völlig von unserem Auftauchen überrascht.
Danach sind wir in die nahe Stadt gezogen. Sie heißt-hieß Elitawana und beherbergte den Tempel und eine Art Kloster aller Drachen. Und so wie es sich darstellt, war es wohl unsere Aufgabe ihn zu schützen."
Sie machte eine kurze Pause um ihrer Freundin Fragen zu ermöglichen und ihre Gedanken zu sammeln.
Dana hörte aufmerksam zu. Offenbar beschäftigte Kiliana ihre Reise in die erste Drachenwelt sehr. Dana erinnerte sich an ihre Reise nach Weltenwacht. Sie hatte dort Wunder erlebt, aber auch schreckliches, dass sie nie wieder erleben wollte.
Man wird von den Drachen völlig unvorbereitet in eine unbekannte Welt geschleudert und dort soll man dann helfen. Dana hatte viele gesehen, die fast daran zerbrochen sind.
"Nach Weltenwacht kommt also Elitawana an die Reihe. Ich hoffe ihr hattet mehr Erfolg als in Weltenwacht."
Sie schien nachdenklich, erschöpft und vielleicht auch etwas niedergeschlagen. Aber es war völlig anders als im Jahr davor. Kiliana wirkte, als würde sie ihre Gedanken sammeln, um danach ihre nächsten Schritte zu planen.
"Ob wir erfolgreich waren, wird leider erst die Zeit zeigen. Aber was ich damit meine, erkläre ich dir später.
Bei diesem Ort handelte es sich nicht einfach um einen Tempel. Ich habe kein theologisches Gespräch darüber geführt, aber uns wurde gesagt, dies sei der heiligste Platz der ersten Drachenwelt und dessen Priester die jeweils höchsten ihres jeweiligen Drachen. Den wollten die Lorkaner schleifen, das haben sie immer wieder gerufen. Wenn du mehr über den Tempel erfahren willst, solltest du am Besten mit Schattenbanner reden - der hat seine Informationen aus erster Hand."
"Erinnerst du dich, an die Erzählungen aus Weltenwacht? Seit wir es verloren haben, sind in der ersten Drachenwelt erst 6 Wochen vergangen. Das Schild der Schöpfung war zusammen mit einem Heereszug auf dem Weg in die Tempelstadt. Gegen diesen Heereszug sind wir wohl ausgetauscht worden.
Nach der Schlacht habe ich mich zuerst um Dramina und Unterkunft für uns gekümmert. Die hab ich bei den Greifenfelsern gefunden. Im Laufe des ersten Abends bin ich auf Gwen, Lucrez und Tal'Risha getroffen."
Die Rittergesellin schaute zu Dana hinüber. "Ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast, aber nachdem uns das Verhalten der Kaiserinnentreuen auf eurer Insel abgeschreckt hatte, habe ich mich mit diesen drei unterhalten. Wir haben uns geschschworen diesesmal eng zusammenzuarbeiten. Ziel war es den Einwohnern zu helfen und die Aufgaben zu lösen, für die uns die Drachen dorthin geschickt hatten.
Und ich bin froh, dass ich mich auf sie verlassen konnte."
Dana senkt den Blick. "Nicht nur du warst abgeschreckt von den Kaiserinnentreuen. Auch ich fühlte mich bei dem Bankett nicht wirklich wohl. Es hat mir gezeigt, wie weit sich das Lager vom Urspünglichen Weg entfernt hat und auch, wie das Lager zu mir steht und wie sie meine Arbeit respektieren." etwas Bitterkeit lag in ihrer Stimme. "Andererseits wenn ich dich so betrachtete am Bankett, hatten wir es am unteren Tisch sehr angenehm."
"Wenn ich am Fest der Drachen etwas gelernt habe, dann dass viele vorgeben einem Drachen zu folgen, aber seine Werte mit Füssen treten. Wenn sich dann welche zusammen finden die wirklich den Drachen dienen und ihre Aufgaben ernst nehmen... erst dann wird etwas getan.
Gwen, Lucrez und du... damit sind drei Rote zusammen und dem Tatendrang wohl kaum Einhalt zu gebieten und auch Ta'Risha gehört nicht zu den Grauen die nur reden und reden und irgendwann vielleicht mal eine Entscheidung treffen. Sie redet und tut dann etwas.
Ich denke ihr habt alles getan was in eurer Macht stand."
Kiliana nickte. "Das haben wir.
Lucrez hat mich gebeten bei mehren Aufgaben dabei zu sein.
Es gab ziemlich sonderbar aussehende Stehlen mit Kugeln darauf - sie waren zum Schutz Elitawana gedacht. Jeweils 2 für jeden Drachen, die am Anfang alle von den Lorkanern korrumpiert worden waren - daher funktionierten sie auch nicht. Die roten haben wir mehrfach gereinigt, weil sie immer erneut von den Chaoten entweiht worden sind.
Und dann gab es noch die Siegel. Vielleicht hast du schon von ihnen gehört - bereits in Weltenwacht wurde versucht neue zu erschaffen. Die anderen haben die passenden Teile gefunden und dann ein neues daraus gebaut. Wir durften dann nachts bei ihnen wachen. Da konnte ich mich zumindest nützlich machen.
Naja, und dann haben wir mehrere Schlachten geschlagen, um die Stadt und den Tempel zu verteidigen. Die Lorkaner sind immer wieder mit dem Schlachtruf "Schleift den Tempel" aufgetaucht. Aber das ist ja leider irgendwie immer so." Man sah, dass sie daran wirklich keine Freude gehabt hatte.
"Gerade am Anfang hab ich mich wirklich gefragt, warum die Drachen gerade meine Cousine aus ihrem ruhigen Leben gerissen haben. Nach den Kämpfen wusste ich es - ich hab selten eine so gute Heilerin getroffen. Am Anfang hab ich sie für schwach gehalten und gefürchtet, ihr Verstand würde die Reise nicht überstehen. Das war am ersten Abend. Dann hat sie sich gefangen und statt noch viel zu fragen, packt sie einfach an. Sie hat das Format von Artai. Wenn sie mehr Erfahrung hat, wird sie sicherlich mal so gut wie Serana. Und ihr Dickkopf hat uns mehrfach aneinandergeraten lassen - der muss in der Familie liegen. Vielleicht kann ich sie dir irgendwann mal vorstellen."
Diesen Gedanken genoss sie offensichtlich.
"Viele Menschen wachsen in besonderen Situationen über sich hinaus und es kommen versteckte Talente zum Vorschein."
Dana erinnerte sich an die Orkkriege und wie die Tiwaner damals fliehen mussten. Viele sind über ihre eigenen Grenzen gegangen um ihre Familie und ihr Land zu schützen.
"gab es wieder solche, die Dinge aus der ersten Welt in die Zweite Welt mitnehmen wollten? Dracheneier, Dansei oder dergleichen?"
Kiliana schmunzelte. "Als hätten wir dafür nicht genug Beispiele... Aber es überrascht mich doch immer wieder. Aber ich muss ihr dringend schreiben. Denn auch wenn ich es ihr bereits gesagt habe - sie sollte in Dere auf keinen Fall über ihre Erlebnisse sprechen. Entweder sie weisen sie ein oder sie läuft Gefahr als Ketzerin angeklagt zu werden. Aber mit irgendwem wird sie sich austauschen müssen - mir geht es ja nicht anders."
Dann kam sie auf Danas Frage zurück.
"Nein, diesmal scheint niemand etwas mitgenommen zu haben - zumindest soweit ich weiß. Aber auch das letzte Mal haben sie das ja nicht offen getan.
Stattdessen war diese Dansai dort - die die wohl die Nordleute damals mitgenommen hatten..."
Man sah Kiliana an, dass dies eine Sache war, die sie lange beschäftigt hatte.
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