HAUS NIRAKIS

Minea schoß nach oben. Was bedeutet dieser Gong? War sie eingeschlafen? Und wie lange hatte sie geschlafen?

Sie schwang ihre Beine aus dem Bett und bemerkte, dass sie sogar noch ihre Schuhe trug. Seufzend rutschte sie an die Kante des Bettes und streckte sich aus. Dann bemerkte sie eine Waschschüssel auf dem Tisch und lächelte glücklich. Wasser war genau das, was sie jetzt brauchte. Sie goß etwas Wasser aus dem kleinen Krug in die Schüssel, der neben der Schüssel stand, schöpfte es in ihre Händen ab und bedeckte ihr Gesicht. Mit einen Tuch, das ebenfalls bereit lag, trocknete sie sich ab, schlüpfte in ihren Mantel und machte sich samt Waffen und ihrer wichtigsten Tasche auf den Ursprung des Gongs zu erkunden.

Zuerst klopfte sie bei Hakon, aber als nach mehrmaligen Klopfen nichts zu vernehmen war, beschloss sie alleine loszugehen.

Die Adeptin hielt den ersten Zwerg an, den sie traf.

"Entschuldigung... Dieser Gong? Was besagt er? Gibt es etwas zu beachten?" Sie hoffte höflich genug zu sein.

"Vielen Dank für die freundliche Auskunft!"

Minea neigte höflich ihren Kopf. Tatsächlich hatte sie Hunger, auch wenn sie den Tag irgendwie ungewohnt begonnen hatte.

Sie folgte der Information des Zwerges, nahm ein Frühstück zu sich und suchte dann nach dem Zwerg, der ihr als Ansprechpartner zugewiesen worden war.

Bei ihm erkundigte sie sich nach einer Schmiede und ob sie beim Schmieden zusehen könnte. Nach Mitschmieden zu fragen, erschien ihr als zu vermessen. Auch wenn sie gelegentlich mit Regnak oder auch mit Grigori in der Schmiede arbeitete, war sie noch immer ein Anfänger mit etwas Basiswissen.

Bevor sie die Schmiede aufsuchen würde, würde sie jedoch ein Bad nehmen und sich umziehen. Sie fühlte sich noch immer erschöpft von dem langen Marsch und sie hatte das Gefühl den Sand noch in jeder Pore zu haben.

Auch wollte sie nicht auf das morgentliche Gebet und die Meditation verzichten.

Wenn sie aus der Schmiede zurückkam, musste sie sich unbedingt an ihre Forschungen setzen. Es gab so viele offene Stränge und ein paar Übungen würden ihr gut tun.

Minea grinste als der Junge an ihr hinaus aus der Küche rannte. Verdutzt blickte sie ihm nach ehe sie sich wieder der Zwergin zuwandte. Komische Anrede, dachte sie bei sich, aber so scheint das hier zu sein - auch wenn sie stark bezweifelte der Zwergin ihr "Schätzeken" zu sein.

"Hallo, ich bin Minea, die Nichte von Hakon. Väterchen Azrim hat mich an dich verwiesen. Kannst du mir sagen, ob ich die Schmiede besuchen und beim Schmieden zusehen darf?"

Sie schloss die Küchentür hinter sich nachdem sie eingetreten war und blieb an der Tür stehen für den Fall, dass wieder eines der Kinder hineinrennen wollte.

Die Magierin schien sich darüber zu freuen, sich die Schmieden ansehen zu dürfen. Vielleicht würde sie tatsächlich etwas tun können und ihre handwerklichen Geschicke verbessern können.

Ja, was tat sie hier eigentlich. Für Brychan spionieren? Nein, eigentlich nicht. Für sich selbst spionieren? Wahrscheinlicher, aber eigentlich auch nicht. Pluspunkte bei den Magiern sammeln? Ja, schon auf eine gewisse Art und Weise. Etwas lernen? Auf jeden Fall.

"Ich begleite Onkel Hakon auf seinen Reisen," gab sie zurück. "Und natürlich hoffe ich hier etwas lernen zu können. Vielleicht schaffe ich es ja, etwas mehr als Nägel zu machen oder Metallplatten zu behauen... Und dieser Stollen ist ja kein einfaches Loch in der Erde, sondern eines der überragensten Gebäude, das ich je gesehen habe. Ich bin froh hier sein zu können und so freundlich aufgenommen worden zu sein. Habt vielen Dank dafür..."

Minea schien durchaus interessiert zu sein am Schmieden, schien aber unentschlossen zu sein, ob man ihre Arbeiten nicht eher belächeln würde. Die Kinder waren lästig, aber sie ließ sich nichts anmerken und beantwortete alle Fragen äußerst höflich.

"Ich komme von draußen. Dort gibt es eine herrliche Dracheninsel. Da wohne ich..."

"Ich schaue mich mal um"

"Ich hoffe doch, dass ich ausgewachsen bin und nicht noch mehr wachse. Sonst kann ich bald nicht mehr herkommen!"

Die Fragen mit dem Mantel ließ sie etwas stützen, aber was sollte es: "Draußen ist es manchmal kalt und da braucht man eben etwas Warmes zum Anziehen."

"Die Appartur ist ein Okular. Man sieht verschiedene Dinge hindurch..."

"Frauen haben bei uns keinen Bart..."

"Ich habe leider keine Zeit zum Spielen, aber ihr schafft das auch ohne mich."

Sie dachte erneut an Grigori. Er hätte es hier sehr gemocht. Der einzige Grund, warum sie es hier mochte, war das erstaunlich wenige Geister hier umgingen und so das Summen in ihrem Kopf endlich einmal zur Ruhe kam.

Sie näherte sich einem Plattner und schaute ihm über die Schulter, wie er feine Ziselierungen anbrachte.

"Das sieht wunderschön aus," sagte sie und als ihr bewusst wurde, dass sie eine äußerst mädchenhafte Aussage getroffen hatte, fügte sie hinzu: "Schöne Qualität, sehr robust!"

Minea riss sich zusammen. Sie war hier um etwas zu lernen.

"Könntest du mir einige Handgriffe zeigen, um meine Technik zu verbessern? Ich kann nicht viel, aber meine Nägel scheinen ganz in Ordnung zu sein. Ich würde nur gerne etwas mehr als Nägel können..."

Sie grinste. Die Tatsache, dass sie jetzt in Astrakhan wohnten und Regnak schon länger auf Reisen war, ließ sie ein wenig einrosten.

"Aber nur, wenn ich dich nicht aufhalte oder störe..."

Minea schaute zuerst verwirrt, lachte dann aber schließlich.

"Ich würde gerne den nächsten Schritt gehen und die Verzierung und Einfassung von Platten erlernen. Unser Schmied hat mich bisher Metall treiben und naja, eben die hier machen lassen..."

Minea kramte in ihrer Tasche und angelte einen selbstgemachen Nagel heraus, um ihm den Schmied zu zeigen.

"Mit dem schien er zumindest einigermaßen zufrieden zu sein, aber ich glaube, dass er für eure Verhältnisse noch nicht mal Mittelmaß ist..."

Minea nickte. Sie hatte einen Schmiedeplatz ergatert. Grigori würde platzen vor Neid, dass sie bei einem Zwerg lernen durfte.

Zuerst entfachte sie das Feuer der zugewiesenen Schmiede, holte dann eilig etwas Erz aus dem Lager ehe sie sich an die Arbeit machte. Sie prüfte das Werkzeug und fand, dass es gut in der Hand lag. Sie musste sich dringend eigenes Werkzeug besorgen. Kein Schmied, vor allem ihr Bruder, mochten es, wenn man ihres verwendete. Vielleicht konnte sie auch ihre Ketten ausbessern, wenn ihr beim Plattnern die Puste ausging. Und sie wusste, dass das passieren würde.

Sie band ihre Haare zusammen, legte den Mantel ab und krempelte ihre Arme hoch.

Als Kind hatte Minea oft ihrem Vater beim Schmieden zugesehen, der als Ritter einem sehr seltsamen Hobby in den Augen seiner Kollegen nachging. Später hatte er sie auch hier und da etwas kleines Drehen lassen, aber nie zu viel, damit sich ihre Haut nicht dunkel färbte und ihre Hände weich blieben. Nachdem er gestorben war, hatte sie den Schmied gebeten ihr ein paar Kniffe beizubringen und er hatte es bereitwillig getan. Daher stellte sich Minea gar nicht so dämlich an, wie man es hätte auf den ersten Blick annehmen können.

Sie würde es diesem kleinen Zwergenlehrling schon nach zeigen, dass er sie zum Bader weiterverweisen wollte.

Stunde um Stunde verging. Ein bis zwei Mal fragte sie den Schmiedemeister um Rat, was sie verbessern konnte und auch sonst ging bis auf ein bis zwei kleine Malheure alles recht gut.